Montag, 12. Mai 2014

Unwille und Sättigung



Am Dienstag, dem 30. Oktober 2012, verbrachte ich einen Tag in Weimar. Und was macht man in Weimar schönes, außer eine Thüringer Rostbratwurst zu essen? Ich besuchte dort das Goethe-Haus. Da waren sehr viele Gäste. Anschließend ging ich ins Schiller-Haus. Dort waren schon weniger Besucher. Als ich aber zum Schluss in die Gedenkstätte Buchenwald fuhr, war da kaum eine Menschenseele.

Das ehemalige Konzentrationslager Buchenwald ist zweifellos kein schöner Ort. Ich kann mir gut vorstellen, an welchem weitaus schöneren Ort ich gewesen wäre. Buchenwald ist ein unheimlich bedrückender Ort. Obwohl Buchenwald kein Vernichtungslager war, steht das KZ Buchenwald exemplarisch für alle Konzentrationslager und dem Holocaust. Trotzdem betrübt mich der Mangel an Besuchern sehr. Lediglich eine kleine Gruppe von Kindern und ein schwarzafrikanisches, französisches Pärchen waren neben mir weitere Besucher. Letztere imponierten mir ungemein. Der Holocaust ist ein Weltverbrechen, dem sich kein Mensch entziehen darf. Jedoch gedachten diese schwarzen Franzosen ohne jedwede historische Schuld der Opfer. Dabei ist perfide Ausgestaltung von Konzentrationslagern mit einhergehender Zerstörung von Leben sowie massenhafte Vernichtung von Minderheiten eine ganz spezielle deutsche Schuld.
Anhand der geringen Besucherzahl stelle ich fest, dass unsere Mitmenschen noch immer durch negative Vorurteile sowie Klischees beseelt sind und sich nur zu leicht von Intoleranz freisprechen. Mittlerweile ist unser Deutschland wieder vielseitig und bunt, und soll es künftig bleiben. Unsere Gemeinschaft war und ist immer mehr als nur die scheinbar dominante Mehrheit. Deutschland war und ist immer die Summe all seiner vielseitigen Gruppierungen. Dies belegen die Sephardim (Juden mit Wurzeln auf der Iberischen Halbinsel) wie Spinoza und Disraeli sowie die Aschkenasim (mittel- und osteuropäische Juden) wie Heine, Kafka und Einstein. Sie haben die deutsche Geschichte bereichert.
 
Ein anderer Aspekt, der mich bei meinem Besuch in Buchenwald sehr bedrückte, war der Umstand, dass fast 60 Jahre nach dem Krieg noch immer die Gedenkstätte Buchenwald durch elektronische Sicherungsanlagen und Wachpersonal gesichert werden muss. In Deutschland muss es doch eine Selbstverständlichkeit sein, dass KZ-Gedenkstätten unversehrt bleiben.
Deutschland scheint geschichtsunwillig und geradezu gesättigt von der Aufarbeitung der eigenen Geschichte zu sein. Es sei denn, irgendwelche Waffenfanatiker, Soldaten aus Leidenschaft und Nazis kriegen neue geistige Schmalkost über den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust serviert. Doch auch das zeugt von Unwillen und Sättigung. Deutschland darf aus eigenem Interesse niemals vergessen. Das sollte auch der letzte nach so vielen Jahren für immer begreifen.

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